Diesmal wirst du nicht enttaeuscht.

Zugegeben, die letzten Wochen, schon fast Monate ist nicht allzuviel passiert auf unserem Blog. Sieh es als positives Zeichen, dass in unserem Leben viele spannende Sachen passieren, wir Freunde und ein gut ausgefuelltes Privatleben haben, viel reisen und entdecken – und nur deshalb keine Zeit finden, unseren Blog zu pflegen.

Ich fuer meinen Teil haette mich auch ueber ein paar mehr Kommentare von euch gefreut – das wirkt durchaus motivationssteigernd.

Es lohnt sich die letzten Eintraege chronologisch zu lesen und nicht wie auf der Seite veroeffentlicht.

In Kuerze folgt mehr, es bleibt spannend – also dran bleiben! 😉


Die besten Gruesse aus Delhi,

katrin2

Auch meine Eltern haben mir zwei Pakete geschickt. Um diese zu erhalten, konnte ich mich aber leider nicht einfach in meinem Bürostuhl zurücklehnen… Die online-Paketverfolgung von DHL bestätigte zwar die Ankunft der Lieferung in Indien am 1. Dezember, jedoch war ein paar Tage vor Weihnachten davon immer noch nichts angekommen. Ich telefonierte mit diversen DHL-Mitarbeitern in und außerhalb Indiens, versuchte den indischen Zoll zu erreichen, der zwar eine Homepage, aber keine Telefonnummer zu besitzen schien, doch nichts nützte. Denn natürlich war keiner für verschwundene Pakete aus Deutschland zuständig und meine Paketnummern hat ihr Netzwerk auch nicht erkannt! Nachdem ich mich also drei Stunden von einer indischen Postdienststelle zur nächsten habe weiterleiten lassen kam die erlösende Antwort: Yes Ma’am, your parcels are at our Post Office, of course you can come and collect them, please note down their numbers…Hallelujah!

Leider korrespondierten die Öffnungszeiten der Poststelle nicht mit meinen Arbeitszeiten, so dass ich erst am 24.12. hinfahren konnte. Und weil in Indien immer alles ein wenig mehr Zeit in Anspruch nimmt als man vermutet, kam ich nach einem schier endlosen Tag 10 Minuten vor Schluss bei Ihnen an.

Ich betrete abgehetzt das Foyer. Am Empfangsschalter sitzt niemand mehr, die Computer sind schon heruntergefahren. Ich so, na super, hätte ich mir ja denken können, ist ja schließlich auch Feiertag morgen, dass die da mindestens eine Stunde früher nach Hause gehen war ja zu erwarten…

Immer wieder kommt mal einer von links und einer von rechts, aber keiner beachtet mich. Irgendwann fragt jemand, worauf ich warte, was ich will?

Ich: Zwei Pakete abholen aus Deutschland.

Er: Hmm. Ja, kommt gleich einer.

Ich wartete. 20 Minuten.

Ein kauziger Mann betritt das Foyer und sagt ich solle ihm folgen. Wir gingen in den ersten Stock des alten Kolonialgebäudes, das auch schon bessere Zeiten erlebt hatte.

In einem Büro nahm ich hinter einem Postmitarbeiter an einem PC Platz und diktierte meine Paketnummern.

Seine Diagnose: Ja die Pakete waren hier, die waren beim Zoll. Die wurden am 21.12. frei gegeben (dem Tag an dem ich anrief) und wurden jetzt weitergeschickt.

Ich (entsetzt): WEITERGESCHICKT?

Mitarbeiter: Ja, weitergeschickt an ihren Zielort. Hier steht, (ich sah es selbst) heute Nachmittag 15 Uhr.

Ich (verzweifelt): Aber ich hab doch angerufen und gesagt, dass ich sie abholen komme! Warum wurden die denn jetzt weitergeschickt?! Und wohin? Direkt zur Adresse? (Kein Problem, ins Büro fahren und aufsammeln) Oder nur zur Poststation in Chanakyapuri?!

Mitarbeiter: Ähm. Weiß nich. Aber wahrscheinlich erstmal zur Poststation. Die macht jetzt aber gleich zu, dass schaffen sie nicht mehr. Und morgen hat sie auch geshclossen. Feiertag. Die Pakete werden dann am 26. geliefert.

Ich: Ja aber das geht doch nicht! Weihnachten ist HEUTE und morgen sitze ich im Zug nach Varanasi, ich brauch die Pakete JETZT!

Mitarbeiter: Ja. Ja. Hmmm. Warten Sie mal kurz hier.

Er geht zwei Tische weiter, eine Frau mittleren Alters wird gebeten in Chanakyapuri anzurufen, das Gespräch 10 Minuten fröhlicher Plausch, Kaffeekränzchen, jaja den Kindern geht’s gut und bei dir so, ja nee, kalt geworden, sag mal sind bei euch zwei Pakete aus Deutschland angekommen heute?

Ich: Und sind sie angekommen?

Mitarbeiter: Weiß nicht.

NA TOLL.

Auftritt kauziger Man.

Zu mir: Kommen sie mal mit!

Okay, es passiert was, das ist ein gutes Zeichen. Ich folge ihm in den dritten Stock.

Dort stehen in einem Vorraum zwei versiffte Schreibtische voll mit Papierstapeln. Hinter dem ersten Tisch sitzt ein kleiner Mann mit Brille, Schnurrbart und Pullunder. Er blättert die Stapel durch, kontrolliert, stempelt, tackert, legt sie zur Seite, befeuchtet seine Finger und nimmt sich die nächste Akte.

Am zweiten Tisch steht ein Mann der mich barsch auffordert mir die Paketnummern zu nennen, ich gebe ihm mein Notizbuch, damit verschwindet er im nächsten Raum. Einer Halle voller Paketberge!

Ich denk mir, ja prima, wenn meine Pakete da irgendwo sind, kann das ja dauern.

Alle restlichen Mitarbeiter wollten gerade Feierabend machen und freuten sich natürlich tierisch, dass ich jetzt noch auftauche und sie Überstunden machen dürfen. Die Nachricht von den Weihnachtspaketen macht die Runde und jeder kommt mal vorbei, um einen Blick auf mich zu werfen.

Auftritt indischer Geschäftsmann.

Geschäftsmann: Hallo, woher kommen Sie?

Ich: Deutschland.

Geschäftsmann: Was machen sie hier?

Ich (lächelnd und in die Halle zeigend): Ich warte auf zwei Pakete.

Geschäftsmann: Ja, das kann schon mal vorkommen, aber sie lächeln ja noch, haben sie denn die Schnauze noch nicht voll von Indien und dieser Post hier?

Ich: Nö, wie kommen sie darauf, ist doch noch nichts verloren!

Geschäftsmann schaut verwirrt und wird vom kauzigen Inder gerufen, der ihm was zum ausfüllen in die Hand drückt.

Ich bin inzwischen die Geduld selbst. Versuche auf der durchgesessen Couch gegenüber dem Pullunder- Inder ne gute Figur zu machen und Zuversicht auszustrahlen.

Einer der Mitarbeiter kommt aus der Halle und grinst mich breit an, ich interpretiere das positiv, als: Paket gefunden… und tatsächlich! Um die Ecke spähend sehe ich, wie sie zwei Postsäcke öffnen, in denen meine Pakete schon für den Transport nach Chanakyapuri gepackt wurden.

Alles klar, super Post. Dass einem die indische Faulheit und Langsamkeit mal zu Gute kommt, fast nicht zu glauben.

Doch dann, der Papierkram!

Kauziger Mann hat nun auch ein Formular für mich. Kann die Pakete nicht einfach mitnehmen, es muss erst noch protokolliert werden, warum die Pakete nie in Chanakyapuri ankommen werden. Gut. Verstanden.

Zum Glück war ich vorher noch ein Zugticket kaufen und habe deshalb meinen Personalausweis dabei, ohne Identitätsnachweis wäre an dieser Stelle Schluss gewesen. Es wird eine Kopie gemacht und die Pakete aus der Halle getragen. Juhu. Juhu.

5 Minuten später stehen drei Inder und ich um die Pakte herum. Es folgen die Fragen:

Woher komme ich? Woher kommen die Pakete? Wer hat sie geschickt? Was ist drin?

Ich: Ja keine Ahnung was drin ist, Geschenke, wäre ja sonst keine Überraschung mehr!

Dass sehen die Inder ein, doch dann, ich habe die Pakete schon fast unterm Arm, die fieseste Frage, der kauzige Mann will meinem Firmenausweis sehen.

FIRMENAUSWEIS? Haben wir nicht.

Er: Nicht?! Aber wir brauchen einen Nachweis, dass Sie bei der angegeben Firma tätig sind. Und unter dieser Adresse zu erreichen, sonst können wir Ihnen die Pakete nicht mitgeben.

Ja..puuhh, ähm, ich sage, eine Kopie meines Praktikumsvertrages habe ich leider nicht dabei, aber eine Broschüre der Firma…und hole sie heraus.

Der kauzige Mann wirft einen Blick drauf. Ich lächele mein vertrauenswürdigstes Lächeln.

Er: Na, dann wünsch ich Frohe Weihnachten!

Zwei der Mitarbeiter nehmen meine Pakete und ich folge Ihnen ins Erdgeschoss, diverse Schilder „Staff Only – No Entry“ passierend.

Ihr erinnert euch, an den Mann der mir ganz am Anfang zusicherte, es werde gleich jemand kommen und sich kümmern? Er war der Abteilungsleiter. Vor ihm stehen wir jetzt und er muss noch mal kontrollieren, dass ich ich bin, meine Pakete meine Pakete und dass alle Formulare richtig ausgefüllt sind. Dann gibt’s nen Durchschlag für mich und ein verschmitzes Lächeln mit den Worten: Na ich sehe, sie haben ihre Pakete bekommen!

Weihnachten war gerettet! Bescherung deluxe folgte. Der kleine Weihnachtsbaum wurde aufgestellt und im Glanze seiner Lichterkette und einer Honigwachskerze vom Leipziger Weihnachtsmarkt genoss ich meinen ersten Lebkuchen, den Kirschwein meines Vaters und knackte die Walnüsse aus unserem Garten.

Ich hatte nicht gedacht, dass mir Weihnachten so wenig fehlen würde.

Immerhin war es ein fester Bestandteil meines Lebens, und ich habe es gerne gefeiert. Habe die Zeit mit der Familie genossen, ebenso wie die Zeit für mich selbst zwischen den Jahren.

Aber hier in Delhi, wo es weder einen goldenen Herbst noch schneeverwehte Winter gibt, erinnert auch Nichts an eine besinnliche Adventszeit. Und ich muss nüchtern feststellen. Woran man nicht erinnert wird, vermisst man auch nicht so sehr. (Die Straßenkinder, die an der Kreuzung hässliche Weihnachtsmannmasken verkaufen, zählen hier definitiv nicht!)

Die Weihnachtsstimmung wird ja doch vor allem durch die Adventszeit verbreitet, die Vorfreude auf den Moment, an dem man andere mit seinen Geschenken überraschen kann. Auch wenn man mittlerweile erwachsen ist und sich nicht alles um Geschenke dreht, sondern vielmehr um das zusammen sein, macht der Advent aus dieser Jahreszeit doch etwas Besonderes und baut diese einzigartige Atmosphäre auf. Diese besinnliche Zeit und vor allem die Woche zwischen den Jahren, führte bei mir auch immer zu einem bewussten Jahreswechsel. Man ist zu Hause bei seinen Eltern, und beschäftigt sich mit nicht so vielen Dingen. Ja klar, meist stehen im Neuen Jahr Klausuren an und alle machen Gewese um Silvester. Aber schon alleine weil man so vollgefressen ist von den Feiertagen, muss man einen Gang runterschalten und trödelt tröge das Jahr aus, mit viel Zeit zum nachdenken und reflektieren während man verdauend vorm Kamin sitzt. Und das vermisse ich mehr als Weihnachten, diese besondere Woche im jahr, diesen Schwebezustand zwischen den Jahren, wo die weihnachtliche Vorfreude und Anspannung abgelöst wird von der Vorfreude aufs Neue Jahr, was es bringen wird, welche Chancen, Aufgaben und Herausforderungen…

Deshalb scheint für mich die Welt hier in Delhi gerade still zu stehen. Kein Herbst, kein Winter, keine Jahreszeiten, keine Jahre… Ganz merkwürdig. Man weiß es passiert, aber man kann es nicht fühlen …die innere Uhr versagt in diesem Fall ganz offensichtlich.

Gänzlich ohne deutsche Weihnachten musste ich nun aber zum Glück nicht leben. Zum ersten Advent besorgten Claudi und ich Acrylfarben, große bunte Papierbögen, Kartoffeln und kauften alles Süße und fettige, das in den indischen Kiosken für 5 Rupees das Stück erhältlich war. Wie die Heuschrecken zogen wir von einem zum nächsten und kehrten zufrieden mit prall gefüllten Tüten ins Kibi zurück. Wo das Projekt Weihnachtskalender in die zweite Runde ging. Wir schnitzten kunstvolle Tannenbäume, Sterne und Engel, um mit Hilfe des guten alten Kartoffeldrucks aus den Papierbögen angemessenes weihnachtliches Geschenkpapier herzustellen. Ein Spass sag ich euch!

Irgendwann wurden auch die Kinder, der Bauarbeiter die gerade das Kibi renovieren auf unsere Aktion aufmerksam und scharrten sich neugierig um uns. Natürlich zögerten wir nicht lange, kramten ein paar Papiertüten hervor und ließen sie mitdrucken. Aufgrund der sprachlichen Barrieren verzichteten wir auf detailiertere Erläuterungen zum Hochdruck und weiteren Druckverfahren. Die Kinder arbeiteten handwerklich einwandfrei. Ein Junge druckte ohne Hilfsmittel mit einer Leichtigkeit reihenweise Weihnachtsbäume diagonal exakt ausgerichtet aufs Papier. Das war ganz schön beeindruckend.

Aus moralischen und sicherheitstechnischen Gründen ließen wir sie die Süßigkeiten nicht mit einpacken und zogen uns für Phase drei in unser Zimmer zurück.

Die Random House Mitarbeiter, sowie Arin und Akshay haben sich wirklich gefreut als wir die Kalender am nächsten Tag in den Büros aufhingen. Sie waren sich einig, so etwas würde in Indien definitiv nicht funktionieren, die indische Neugier sei viel zu groß – Darauf warten, dass ein neuer Tag beginnt, bevor man ein Geschenk auspacken kann, wenn es einem direkt vor der Nase hängt? Verrückt!

Zwei Tage später trudelte im Büro ein Paket ein – der Inhalt ein phantastischer Weihnachtskalender von Konny und Claudi für MICH! Liebevoll gebastelt und bestückt mit allerlei tollen Sachen, die mir die Morgen im Büro versüßt und mich abends ganz wunderbar unterhalten haben. Man erntet, was man säht… 😉